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Respekt.

Ich steige in die Bahn und sehe einen freien Platz. Die Frau, der ich mich gegenüber setze, lächelt mich scheu an, sie sieht nett aus, ich lächle zurück. Da sagt sie: “Endlich lächelt mal jemand.” Ich kenne das Gefühl und sage: “Klar, du lächelst, dann lächle ich auch.” Sie wirft der Frau neben sich einen Blick zu und sagt wieder zu mir: “Wir werden nicht so häufig angelächelt.” Ich sage “hä”, oder etwas ähnliches, von dem sie auf mein Unverständnis schließen kann. “Naja”, sagt sie. “Die meisten verstehen das nicht.” Ihre Freundin hat Bartstoppeln im Gesicht. Ich begreife, dass ich das Gefühl doch nicht kenne.

Sie erzählen von einer Auseinandersetzung, die sie gerade mit ein paar Jugendlichen hatten und dass es kein Zufall ist, dass der Platz ihnen gegenüber frei war. Wir sprechen über Mut, Neid, Seele und Aufklärung. Ich sage, dass es mich nicht schert, wie jemand aussieht, ob jemand Mann, Frau oder Anderes ist und bemerke, wie dumm ich klinge. Ich habe keinen blassen Schimmer wie sich das anfühlt.

Wir sprechen noch über viele andere Dinge, bevor beide aussteigen müssen und ich ein paar Stationen Zeit habe um unheimlich wütend zu werden. Was ist in dieser Welt los, dass ein Mensch so erstaunt ist, wenn ein anderer zurücklächelt. Das ist keine Frage.

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