Morgens in der Straßenbahn.
Ich steige ein, ich habe knapp 20 min Fahrt vor mir, es ist ein Sitz frei und niemand Älteres oder Schwangeres oder mit Krücken Laufendes sichtbar, der noch keinen Platz hätte, also mache ich mich dünn und setze mich hin. Dabei berührt mein Kopfhörerkabel die Handtasche einer älteren Frau, ich entschuldige mich kurz und lächle.
Meine Musik ist nicht sehr laut, schließlich will ich nicht die ganze Bahn damit beschallen, deswegen kann ich alles hören, was um mich herum gesprochen wird. Die alte Frau sieht mich an, schüttelt den Kopf und fängt an loszuwettern, dass mir alles vergeht.
Dem Smartphone sei Dank habe ich mir ein paar Notizen gemacht.
„Das ist alles so schnell.
Die jungen Leute glauben das alles, viel zu viel, das ist alles nur Lug & Trug.
Die wissen doch gar nicht wer da am anderen Ende sitzt, das ist doch nur eine Fantasiewelt.
Und dann sitzen se da und sind überrascht, oooooh, und nehmen Drogen.
Alles so schnelllebig und so viele Informationen, und dann sind die alle falsch und die glauben das, nur nicht selber denken, die sind alle total dumm.
Das ist die Erziehung und dann ist überall Hass, das sieht man ja jetzt überall auf der Welt.“
Ich sitze da und sage kein Wort.
Ich schreibe es auf und stelle fest, dass ich all das auch über sie sagen könnte, sie und ihre Unwissenheit, ihre Angst vor einer jungen Frau mit Smartphone.
60 Jahre älter als ich, höre ich heraus.
Sie spricht zu einem jungen Mann.
Sie sagt die ganze Stadt habe sich verändert, alles so schnell, er könne das nicht wissen, aber sie sei hier geboren.
Der Mann mit der dunklen Hautfarbe sagt: „Ich bin auch hier geboren“, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
Dieses Gesicht hättet ihr sehen müssen.
Ich fange hysterisch an zu kichern, sie merkt trotzdem nicht, dass ich sie hören kann oder sie weiß nicht darauf zu reagieren, weil sie mich seit knapp 10 min beleidigt.