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Streit.

Er wartete darauf, dass sie ihn anpingte.
Sie hatte ihn dazu zu überreden versucht es selbst zu tun, doch er weigerte sich.
Wenn er online war, war er ansprechbar.
Sie hingegen war 24/7 online, aber nicht immer erreichbar.
Sie sagte, ihr Computer würde einfach immer laufen, er fand das seltsam, kommentierte es aber nicht weiter.

“Ping”
“Pong”

Es verstrichen ein paar Minuten, in denen niemand etwas schrieb.
Sich gewahr, dass das Gegenüber da war.
Dass sie sich gesprochen hatten, war erst einige Stunden her, afk, face-to-face, sie hatte ihm einen Kaffee geholt und geredet.

Jetzt machte er den Anfang.

“Du hast nervös gewirkt vorhin.”
“Ich weiß nicht, was du von mir erwartest.”

Dass er sie nervös machte, war nichts Neues. Sie ärgerte sich, er stellte nur wieder Offensichtliches fest.

“Du bist so unberechenbar, wie könnte ich da etwas erwarten?”

Sie antwortete nicht, er verfluchte schriftliche Kommunikation, weil er ihre Mimik nicht interpretieren konnte.
Und er hasste es, dass sie genau das an dieser Art von Austausch mochte.
Sie meinte, nur Worte wären klar, Raum für mehr, das würde nur Missverständnis und Distanz fördern.

Er schrieb noch etwas dazu.

“Ich habe wirklich keine Ahnung, was du als nächstes tust. Wirkst du nervös, weil du etwas tun willst?”

Sie stellte die Gegenfrage.

“Was hoffst du am wenigsten?”

Die Antwort darauf war einfach, er hatte ihr das schon oft gesagt, aber immer noch nicht das Gefühl, dass es ankam.

“Ich habe manchmal Sorge, dass das hier ein Spielchen wird. Was du in mir sehen könntest. Ich will nicht, dass du etwas projizierst.”
“Bei dem, was ich geben will, spielt das vermutlich keine Rolle. Und ich gebe vermutlich alles – nur um es loszuwerden.”

Sie überforderte ihn. Wusste selbst nicht ganz, ob sie ihre halbgare Beziehung meinte oder nur sich selbst.

“Du sprichst mal wieder in Rätseln.”

Seine Reaktion war also nur Resignation. Keine Fragen mehr, nur das Unverständnis artikulieren.
Sie versuchte es genauer zu fassen. Es lag ihr etwas an ihm.

“Es ist nicht unbedingt schlecht, wenn etwas Unausgesprochenes im Raum steht. Schlimm wird es erst, wenn man es nicht ausdrücken kann. Und man sein Gegenüber nicht fragt, vielleicht auch, weil man nicht kann. Wenn das Schweigen töricht wird und Freundschaften zerstört.”

Jetzt war sie sich wieder sicher, was sie sagen wollte.

“Sprichst du von uns?”

In ihrem Text las er ihr Kopfschütteln heraus.

“Nicht unbedingt. Aber jetzt im Moment: ja. Völlig vorwurfsfrei.”

Lange war da nichts außer das Blinken des Cursors.
Dann riss ihr der Geduldsfaden, er sah nur kurz , bevor ihre Nachricht ankam.
Sicher hatte sie wütend in die Tastatur geschlagen.

“Oh man! Es passiert, dass ich Dinge nicht sagen kann und daran zu Grunde gehe. Aber diesmal will ich einfach nicht!”

“Du brauchst mich nicht so anzugiften.”

Es war abgeschickt, bevor ihm klar wurde, dass er eigentlich beruhigen wollte und es so nicht funktionierte.
Das mochte sie gar nicht.

Diesmal wollte er ihr doch eigentlich entgegen kommen.

“Es tut mir leid, dass du manchmal das Gefühl hast zu platzen. Das ist aber nicht meine Schuld.”

Ewiges Beschwichtigen und dabei niemals ganz echt, immer vor allem bei sich selbst, wie es sie ankotzte.

Sie tippte “Arschloch.” und löschte es wieder.

“Ich platze nicht. Das ist es ja.”
“Hör auf in Selbstmitleid zu baden.”

Wenn sie nicht darüber sprechen sollte, könnte sie es doch einfach lassen, oder endlich klar sagen, was Sache ist.

“Du kannst mich.”

Er hasste es, nicht zu wissen, ob sie noch da war. Sie würde ihn stehen lassen, also schrieb er nichts mehr.

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