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Im Salon der Piratenpartei.

Ich bin das schon eine Weile nicht mehr, Pirat.
Doch dieser Podcast da, der stellte gute, offene Fragen und intuitiv konnte ich sie beantworten. Also schmeiße ich sie ins Netz, nur so, ohne Intention.
Jo Knopp hat auf der openmind #om14 Fragen zur Piratenpartei gestellt.
Auf einer Veranstaltung, die ziemlich progressiv ausgerichtet ist, so weit, dass sie mittlerweile nicht mehr von der Piratenpartei, sondern von den Jungen Piraten ausgerichtet wird. Auf einer Veranstaltung, knapp drei Monate nach dem letzten Bundesparteitag, deren Teilnehmer*innen gerade abschlossen mit dem Laden, dem Label und was so dazu gehörte, die viel stärker auf der Suche waren als sowieso schon, weil sie ein paar der vielen gemeinsamen Fäden verloren hatten.
Der Podcast, der daraus entstand, wurde dann bei den Salongesprächen veröffentlicht.
Ich habe mir das sehr aufmerksam angehört und fühlte mich ein wenig zugehörig.

Mein Abschied vom Label sieht so aus:
Was hast du dir von der Piratenpartei erhofft als du sie kennengelernt hast?
Ich lernte sie im Januar 2009 kennen, als ich mich bei Twitter anmeldete und mir als erstes ein Pirat zum Folgen vorgeschlagen wurde. Ihr kennt ihn, @insideX .
Das war vor der Europawahl, von der hatte ich bislang gar nicht viel mitbekommen. Ich war 20 Jahre alt, hatte mal die Zeitschrift der Grünen Jugend abonniert, weil da was von Recht auf Privatkopie stand, aber sonst waren mir Parteien, Programme und Bundestagsdebatten ziemlich schnuppe. Ich wusste, ich muss wählen gehen. Mir war gar nicht klar, dass es außer dem rechten Rand, den Etablierten und den Linken noch mehr gab. Spannend.
Also habe ich sie mir angesehen, sehr genau, ohne Fähigkeiten, die weit über Google hinausgingen, habe ich mich dank der Twittergemeinde im Wiki zurechtgefunden und viel gelernt.
Das war auch schon die erste Hoffnung. Da sind Menschen, die lernen durch Austausch, die gucken sich ihre Prämissen an, überprüfen sie, haben eine wissenschaftliche Grundlage und reden nicht vom Bauchgefühl. Aus Austausch, im Widerspruch, wächst einfach mehr, besseres.
Außerdem waren sie vermutlich die einzigen, die verstanden hatten, was das Netz bedeuten kann, wenn wir es denn lassen, dass es ändert, ob wir wollen oder nicht.
Die Zensursula-Debatte. Da riskierten Menschen einen furchtbaren nie mehr auslöschbaren Ruf – schließlich ging es um Kinderpornografie – um Netzsperren zu verhindern. Ich war begeistert. Denn sie hatten Recht. Als das Gesetz kippte, hoffte ich, das könnten sie wieder tun – das könnten wir wieder tun, denn da war ich schon dabei.
Was war ein positives Highlight, das du durch die Piratenpartei erlebt hast?
Der Fall von ACTA.
Natürlich kam es unter anderem Namen wieder. Doch die Aufmerksamkeit in den Wohnzimmern war da, die Generation Internet war gewachsen und ging auf die Straßen. Ich war auf einer Demo mit tausenden von Menschen in der Frankfurter Innenstadt. Europaweit fanden diese Demonstrationen statt. Und dann fiel das Gesetz. Wir hatten nochmals bewiesen, dass es ging.
(Angemerkt: Natürlich war das nicht ausschließlich der Verdienst der Piratenpartei oder ihrer Mitglieder. Sie war aber durchaus treibende Kraft.)
Was war ein besonders absurdes Erlebnis?
Ich picke mir hier eins raus.
Ich saß im Frühjahr spät abends am Rechner und sprach im Mumble über die #om14 – die Orgatreffen fanden immer dort statt. Bald sollte die heiße Phase losgehen, wir diskutierten über Ticketpreise, Referent*innen und Backups. Mir gegenüber saß mein Mann, zu dieser Zeit Bundesvorsitzender der Piratenpartei, ebenfalls im Mumble, in einer nichtöffentlichen Vorstandssitzung.
Plötzlich wurde er unruhig, suchte hektisch Stift und Zettel, schrieb und hielt ihn mir über die Monitore vor die Nase. Sinngemäß stand da “das Mumble wird abgeschaltet”.
Ich entschuldigte mich aus meiner Besprechung, hakte nach. Das ergab keinen Sinn.
Er nuschelte was von ‘Orga’ und ‘Streik’.
Ich sagte der Orga der #om14 Bescheid, wir sicherten unsere Pads und beendeten das Treffen.
Dieser ‘Orgastreik’ in seinen Details, seinem Ausmaß und allem, was auch nur annährend damit zu tun hat, das war alles dermaßen absurd.
Ich führe das jetzt nicht weiter aus, dazu wurde viel Richtiges gesagt und ganz viel Bullshit.
Was hast du gelernt?
Oh. Verdammt viel.
Ich war in einem Kreisvorstand und habe Parteiengesetze, Verwaltungsfoo und Diskussionsstile kennen- und anwenden gelernt. Ich habe gelernt auf etwas zu bestehen und zu differenzieren, was ich persönlich denke und wie ich als Entscheidende handeln muss.
Ganz nebenbei, nicht direkt parteiverbunden, aber daraus erwachsen, habe ich eine Geschäftstelle aufgebaut, Verantwortung für einen Haufen Mitarbeiter*innen und Finanzen übernommen, politische Arbeit im Stadtparlament kennengelernt.
Und, was vermutlich für mein weiteres Leben am wichtigsten ist: ganz viel Kultur.
Ich habe Creative Commons kennengelernt und andere freie Lizenzen, den Umgang damit.
Im Grunde gehe ich also mit den gleichen Interessen raus aus der Partei, mit denen ich reingekommen bin, nur weiß ich jetzt viel mehr darüber, was ich da so von mir gebe.
Ich trat Mitte Juni 2014 aus der Piratenpartei aus. Dies hier dürft ihr als mein offiziösliches Hutnehmen verstehen.

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