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Tag 318

Hallo, mein Name ist Kia, und das ist Tag 318 in der Pandemie.

Oft fällt es mir schwer, die Nachrichten nicht anzusehen. Es war so seltverständlich informiert zu sein. Kein Katastrophentourismus. Nur auf dem Laufenden sein. Wenn ich jetzt im Saarland bin, dann darf ich mich draußen mit Freunden treffen. Aber nur, wenn ein Einhorn anwesend ist. In NRW geht das auch ohne Einhorn, aber nur zwischen 11.54 Uhr und 11.58 Uhr. Jetzt ist es Gewohnheit. Ich sehe nach, obwohl ich die wichtigen Infos auch einmal die Woche bekommen könnte. Obwohl mir die Schulen und KiTas ohnehin schreiben, wenn sich etwas ändert. Ich sehe nach, obwohl ich nicht muss. Und immer öfter schließe ich die Seite mit dem Gedanken: Ja, aber ich kann’s nicht ändern.
Ich habe keinen Einfluss, bei den allermeisten Dingen. Es gibt solche, wo ich helfen kann, und das versuche ich, doch das meiste ist meiner Tatkraft fern. Und jetzt, wo ich das ständig denke, sollte ich wohl aufhören ständig nachzusehen. Stattdessen kann ich mich fragen: Was kann ich denn ändern? Was kann ich verbessern, wo hilft mein Knowhow und mein Herzblut?
Genau das tue ich, wenn ich mich um eine Stelle bewerbe, die Bestandsaufnahme, Vernetzung und Förderung sein soll. Das tue ich, wenn ich an Webinaren zu Eu-Mitteln teilnehme, um die regionale Kultur zu unterstützen. Das tue ich, wenn ich meiner Schwester schreibe und meinen besten Freund anrufe. Das tue ich, wenn der Elternrat den Erziehenden Geschenke aus dem örtlichen Bioladen besorgt. Das tue ich, wenn ich mit Kolleginnen skype, um ein neues Projekt zu beginnen.

Diese Pandemie nimmt viel, aber längst nicht alles. Und wo wir können, sollten wir mit Abstand und Maske versuchen, die letzte verbleibende Hirnmasse nicht in ständiger Informationsflut zu verlieren. Aktiv sein. Nicht konsumieren. Schlafen und Lesen und Schreiben und die Zeit füllen. Nicht überfüllen.

Nichts davon ist einfach. Alles fühlt sich schwer und unendlich an. Aber ich habe wieder einen Punkt gefunden, den ich so ändern kann, dass es mir besser geht.

Meinen Abend verbringe ich mit Bürokratie und einem guten Film.
Passt auf euch auf.

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