Zum Inhalt

Schreibnachtmädchen.

Ich hatte eine Kollegin – eine Freundin – aus der Schreibnacht zu Besuch. Für mich war es das erste Mal, dass ich gemeinsam mit jemandem schrieb, der tatsächlich im selben Raum war, und nicht nur im selben Chat. Doch nach den ersten Minuten war es wie eine LAN-Party. Oder eine stille Phase in der Konferenz. Oder wie die schriftlichen Abiturprüfungen. So konzentriert zu arbeiten, freiwillig, glücklich, das kannte ich bis dahin nicht. Zumindest nicht von anderen. Und nicht an beinahe der gleichen Sache.

Ich muss mich korrigieren. Einmal gab es so etwas. Das waren die Nächte, in denen ich mit einem Freund zusammen die Abschlusszeitung entwarf. Die SMS um vier Uhr morgens, dass irgendetwas doch noch geklappt hat und die Frühstücksfahrten zu McDonald’s.
Auch da ging es darum, etwas zu erschaffen. Es war Kunst und Buchstaben, fast ein bisschen wie jetzt.

Es klappt mal besser, mal schlechter, so wie ich als Büroangestellte konzentrierte und dann wieder unproduktive Tage hatte. Die Arbeit anzunehmen hilft. Sie als eine Entscheidung zu begreifen, die man schon getroffen hat. Wir haben freiwillig zugelassen, was aus unserem Inneren hervorpreschen möchte und in welcher Form es das tut. Die Seele hatten wir schon, die Worte finden wir noch.

Neben jemandem zu sitzen, dem es ähnlich geht, war eine faszinierende Erfahrung. Womöglich können alle halbwegs moderierten Schreibcommunities das bieten: Menschen, die gern schreiben und sich darüber austauschen möchten. Doch in der Schreibnacht hingen auf den ersten Blick Leute im Chat, um sich vom Arbeiten abzuhalten und gleichzeitig zu motivieren. Man schreibt nicht, während man sich gegenseitig versichert, dass man schreiben sollte. Doch die Chance, dass man es danach tut, ist größer. Das war mir sympathisch. Es erinnerte mich an die Lerngruppen, die sich erst kurz vor der Klausur zusammenfanden.
Meine Freundin und ich haben eine Woche lang vor unseren Rechnern gehockt, ob in meinem Arbeitszimmer, im Café oder im Park. Wir haben dort gegessen, die Pausen verbracht, geschrieben und uns abgelenkt. Danach hatte ich das Bedürfnis nach einer Woche Urlaub und das vage Gefühl, ich würde nie wieder so effektiv arbeiten können – ohne jemanden neben mir, oder zumindest im Kopfhörer.

Schreiben ist nicht nur allein.

Published inJournal